Im Fokus sten Krieg, Flucht, Sprache und Freundschaft
Jahresausstellung der Künstlergilde Kreis Pinneberg in der Drostei
https://www.abendblatt.de/region/pinneberg/article215660989/Im-Fokus-stehen-Krieg-Flucht-und-Sprache.html
Schenefelder Tageblatt 11. Mai 2015
Pinneberger Tageblatt vom 16.Nov. 2013
Ihm geht es nur um die Menschen
Der Künstler und Lehrer Martin Musiol hat lange in der Sternschanze gelebt - bei seinem Umzug nach Pinneberg vor 15 Jahren erlebte er anfangs einen Kulturschock
Pinneberg. Stimmige und lebendige Farben, knarrende und knirschende Dielen, viele Bilder und Fotografien an den Wänden - Martin Musiols Haus in Pinneberg wirkt freundlich und einladend. Der Lehrer und Künstler sitzt in seinem hellen Wohnzimmer und blättert durch sein kürzlich veröffentlichtes Buch. "Die Wände der Schanze" ist ein Bildband und zeigt "Botschaften aus dem Hamburger Schanzenviertel", so lautet der Untertitel. Zu jedem Foto weiß er eine Anekdote zu erzählen.
Musiol hat 25 Jahre lang in dem Hamburger Viertel gewohnt, bis er 1998 mit seiner Familie nach Pinneberg zog. Damals habe er erst einmal einen Kulturschock erlitten. Aber: " Meine Söhne waren damals im Kindergarten-Alter und die Schanze von der Drogenszene beherrscht", sagt er. Deshalb sei er mit seiner Frau und den Kindern in den Pinneberger Jägerkamp gezogen. Der Kulturschock ist mittlerweile überwunden. Musiol schätzt die Kreisstadt: " Es ist großartig hier, ich habe die Natur vor der Haustür und gleichzeitig die Nähe zu Hamburg", schwärmt er. Auch wenn die Schanze mittlerweile "oft verstopft" von Menschen sei - Musiol ist regelmäßig in seinem alten Viertel unterwegs. Um dort zu fotografieren und Freunde zu treffen.
Der 64-Jährige wuchs in Lübeck auf, lernte dort unter den Fittichen des Künstlers Peter Kleinschmidt. Nach dem Abitur habe er sich dann doch für einen "anständigen Beruf" entschieden. Er studierte Biologie und Chemie auf Lehramt in Hamburg. Und zog in die Schanze: " 1973 war das günstiger Mietraum in Uni-Nähe", sagt er. Heute arbeitet der Gymnasiallehrer nebenbei als Kunsterzieher. Seine Affinität zur Naturwissenschaft prägt sein künstlerisches Werk. In seinen Bildern verbinde er psychologische und biologische Aspekte. "Durch mein Biologiestudium kenne ich alle Muskeln im Gesicht." Die Kunstwerke Musiols zeigen - mal abstrakt, mal konkret - Menschen. Und deren Spuren und Spannungsverhältnisse. "Anderes interessiert mich nicht sonderlich." Bei seiner Malerei bedient er sich der expressiven Pinselführung, Acryltechniken und arbeitet mit Scherenschnitten. Besonders gern fertigt er Blindportraits an: Musiol schaut einen Menschen ein paar Minuten an. "das ist für viele erst einmal ungewohnt." Danach zeichnet er. Mit geschlossenen Augen.
Der Pinneberger beschäftigt sich stets mit seine Umgebung. So weiß der 64-Jährige auch um die Geschichte seines jetztigen Wohnhauses: "Hier haben im zweiten Weltkrieg Nazies gewohnt", sagt er. Als junger Mann in der Sternschanze bat er seine Nachbarn:"Erzählt doch mal von früher." Als Lehrer am dortigen Gymnasium erhielt er dann Zugriff aufs Schularchiv. Er recherchierte, forschte nach den Ursprüngen. "Die Schanze war ein reines Arbeiterviertel", weiß er.
Musiol ist ein geschickter Beobachter seiner Umwelt. Mimik. Gestik, aber auch die vergängliche Straßenkunst interessieren ihn.
Die Fotografien in seinem Buch dokumentieren den Wandel und die schnelllebige Straßenkunst des Viertels. Mit seiner Spiegelreflexkamera, früher war es eine Minolta, heute ist es eine Lumix, fotografierte und fotografiert er die Sternschanze. Besonders beeindruckend sei für ihn der Geist des Viertels."Es war immer ein linker, unangepasster Stadteil."
Musiol will mehr als nur die gegenwärtige Oberfläche sehen. Dadurch erkenne er auch die Feinheiten, die anderen oft verborgen bleiben. "Denn vieles sieht man erst auf den zweiten Blick", sagt er. Er erkenne Details, knüpfe Verbindungen, die verschiedenen Elemente seiner Bilder bekommen ein Bezug. Sie vermitteln Protest und Probleme, Gefühle und Gemeinsamkeiten der Menschen. Er zeigt eine seiner Fotografien: Ein Wandplakat ist zu sehen, eine Veranstaltung am 1. Mai wird beworben. Doch der Wand fehlt ein Stein."Und am 1. Mai werden oft Steine geschmissen", sagt er und schmunzelt. Mehrere Lesungen mit Lichtbildervortrag hielt er schon zu dem Buch. Er zeigt die Bilder und lässt sein Publikum erst einemal selbst sehen. Dann erklärt er, was er sieht. Erzählt seine Geschichten. "Das Publikum ist oft erstaunt."
Aus dem ersten Stock ist Gitarrenmusik zu hören. Es ist einer seiner beiden Söhne. Sie haben seine Talente geerbt: Der 17-Jährige ist künstlerisch begabt, wählte das ästhetische Profil am Gymnasium und spielt in einer Band, der Ältere (21) studiert Biologie und Chemie.
Kira Oster
Martin Musiol veröffentlicht Fotoband „Die Wände der Schanze“
Menschen stehen für ihn im Mittelpunkt. Als Maler, Zeichner, Fotograf und Autor hat Martin Musiol etliche Zeitgenossen porträtiert, ihre Geschichten aufgeschrieben. Nun zeigt er auf eine andere
Art, was Menschen an Spuren hinterlassen haben. In seinem neuen Buch „Wände der Schanze“ versammelt er Aufnahmen von Graffiti, politischen Parolen und Szenen im Viertel.
Musiol hat 25 Jahre im Schanzenviertel gelebt, zieht seit gut 15 Jahren aber die Ruhe der Vorstadt Pinneberg vor. Das Schanzenviertel hat ihn nie losgelassen. Wenn er zu Besuch kommt, trifft er an
jeder Ecke Bekannte, findet Vertrautes. Er mag das „besondere Lebensgefühl: alternativ, nicht spießig“. Einen Eindruck davon gibt er in seinem Buch. Aufnahmen von damals abgerockten Ecken,
abgerupften Plakaten, Graffiti, Menschen vor skurriler Kulisse finden sich darin. Musiol haben es die Parolen und Politisches angetan. Er entschlüsselt manche Sprüche, stellt Bezüge her. Manches
erschließt sich erst auf den zweiten Blick, andere Aufnahmen bleiben rätselhaft.
Ein Trend, der Musiol auffiel: Es wurden nach und nach immer mehr Plakate wild an die Wände geklatscht. Manche Ecken sind heute flächendeckend zugekleistert. Heute gebe es zudem mehr „Streetart“,
Graffiti, Wandgemälde, die eher versteckt politisch sind. Vor ein paar Jahrzehnten seien die Parolen deutlicher, radikaler gewesen.
Martin Musiol
Wände der Schanze.
Fotografische Botschaften aus dem Hamburger Schanzenviertel
Zu bestellen beim Autor: martin.musiol@t-online.de
(21,80 Euro plus Porto)
Lesung mit Lichtbildervortrag und Musik am Donnerstag, 26. September, ab 18 Uhr im Cafelarigo, Schulterblatt 63.
02.09.13 Hamburger Abendblatt
Gegensätze sind im Schanzenviertel Alltag. Autor und Fotograf Martin Musiol hat sie in Jahrzehnten festgehalten. Er will eine Geschichte erzählen "von den Menschen, die hier an den Wänden Spuren hinterlassen haben".
Das Schanzenviertel ist eine Festung. Historisch jedenfalls. Da ist zum einen der Name, der auf die aus dem 17. Jahrhundert stammende Verteidigungsanlage zurückgeht. Die Anlage stand dort, wo heute der Schanzenpark mit dem zum Hotel umgebauten früheren Wasserturm steht. Richtig gekämpft wurde hier aber nur einmal, als 2000 Hamburger im Jahr 1686 der dänischen Belagerung durch 12.000 Soldaten standhielten. Gut 100 Jahre später wurde die militärische Anlage abgerissen.
Hier, vor Hamburgs Stadtmauern, auf dem Weg zum Dorf Eimsbüttel, war es sumpfig und ziemlich einsam. 1686 öffnete allerdings ganz in der Nähe das Gasthaus mit dem Namen "Bey dem Schulterblatt", nach dem ein halbes Jahrhundert später auch die Straße benannt wurde.
Nach und nach entstand hier ein Arbeiterviertel. In den 1980er-Jahren zogen viele Studenten in die Altbauwohnungen, von denen viele noch Ofenheizung hatten. In den 90ern ruinierte ein reger Drogenhandel im Sternschanzenpark den Ruf des Viertels. Aber in den Folgejahren griff die sogenannte Gentrifizierung: sanierte Wohnungen zogen kaufkräftige Bewohner an, es folgten Szenelokale und Büros für Kreative.
Heute gilt die Schanze als Szeneviertel mit hohen Mieten und Party-Meile – und dem Dauer-Ärgernis Rote Flora, dem besetzten Stadtteil-Kulturzentrum, das kürzlich erneut in die Schlagzeilen geriet, weil der Eigentümer, Investor Klausmartin Kretschmer, angeblich den Verkauf des einst von der Stadt erworbenen Gebäudes vorbereitet.
Martin Musiol, 63, kam als Student hierher, hat 25 Jahre hier gelebt, geheiratet, Kinder bekommen und zeitweise als Lehrer in der Schanze gearbeitet, sich als Künstler und im Sanierungsbeirat engagiert – und "sein" Viertel immer wieder fotografiert, über Jahrzehnte. Seine "Fotografischen Botschaften aus dem Hamburger Schanzenviertel" hat er jetzt als Buch herausgebracht. Mit den Bildern will er eine Geschichte erzählen "von den Menschen, die hier an den Wänden Spuren hinterlassen haben".
Martin Musiol, Wände der Schanze, Verlag Auf Der Warft, Hamburg/Münster, 21,80 Euro (plus Porto, zu beziehen über martin.musiol@t-online.de )
Pinneberg Was für eine Grimasse zieht einGewalttäter, der drauf und dran ist, jemanden zu schlagen? Wie ist seine Körperhaltung? Und was für einen Gesichtsausdruck hat sein Opfer? Der Pinneberger Künstler Martin Musiol (62) weiß es und hat es eingefangen, in drei Acrylbildern seine aktuellen Ausstellung „Zusammentreffen“ in der Rathauspassage.
Acrylbilder, Scherenschnitte, Radirungen: Insgesamt sind in der Rathauspassage 20 Werke des gebürtigen Büdelsdorfers zu se3hen. Nicht alle sind mit Acrylfarben gemalt und nicht alle handeln von Gewaltsituationen. Es gibt auch Scherenschnitte und Radierungen, die das Thema Bewegung aufgreifen. So zum Beispiel einige Scherenschnitte, die Fußballspieler in merkwürdigen Posen ohne Ball zeigen. Andere Arbeitenwiederrum beschäftigen sich mit dem Zusammenspiel von Frauen und Tod. Eins haben Musiols Werke jedoch gemeinsaqm: „Sie handeln alle von Menschen und erzählen eine Geschichte. Denn wenn Menschen aufeinandertreffen, passiert etwas“, betont der 62-Jährige, der zwar seit 13 Jahren in Pinneberg lebt, seine Arbeiten aber noch nie in der Kreisstadt präsentiert hat.
Das soll sich ändern. „Vorher hatte ich meine Wirkungsstätte im Hamburger Schanzenveirtel“, erzählt der studierte Biologie- und Chemielehrer, der für die Regionale Beratungs- und Unterstützungsstelle für Krisenfälle an Schulen atbeitet.
„Aber jetzt möchte ich acu hier heimisch werden und mich zeigen.“
Ob das gelingt? Die Ausstellung „Zusammentreffen“ ist der erste Schritt. Sie ist bis Ende Januar im Foyer des Pinneberger Rathauses zu sehen. Öffnungszeiten: montags, dienstags, donnerstags und freitags von 8:30 bis 12:30 sowie diestags von 14:30 bis 18 Uhr. Bettina Biester
Auf seinen Fotos sind Hausbesetzungen, Transparente von RAF-Sympatisanten, kreative Graffiti, aber auch humorvolle Schmierereien zu sehen. Zwei Dinge, die die Straßen des Quartiers immer wieder erzählen, sind Musiol dabei aufgefallen: „Erstens war die Schanze schon immer ein linkes, unbequemes Viertel. Zweitens ist es mit der Zeit immer kommerzieller geworden – heute versucht es mit dem Böse-Buben-Image zu kokettieren.“ In seiner Ausstellung präsentiert Musiol über siebzig Fotografien – genügend Zeitzeugen, um sich selbst ein Bild von der Sternschanze zu machen. JUL
Martin Musiol fotografiert seit Jahrzehnten das Schanzenviertel- vor allem die Spuren an den Häuserwänden
Anfang der 70er-Jahren zog Martin Musiol in die Schanze, ein ganzes Vierteljahrhundert wohnte er in der Susannenstraße. Seitdem hat ihn das Viertel nicht mehr losgelassen: Musiols Interesse erwachte, als er mit älteren Nachbarn ins Gespräch kam. Die erzählten ihm von der Geschichte des Stadtteils und über die Kriegszeit, die sie hier erlebt hatten. Langsam wurde der Lehrer und Maler so zu einem Chronisten der Schanze. Er schrieb nicht nur ein Buch über den Stadtteil, sondern hielt dessen Entwicklung und Wandel auch fotografisch fest: Musiol machte Fotos von den Menschen, die hier leben, von den Läden, die öffneten und wieder schließen mussten – und von den Spuren an den Wänden, die die Jahre, den Zeitgeist und die Politik hinterließen. Um eben diese Spuren geht es in seiner Ausstellung „Warum lügt ihr so? Was uns die Wände in der Schanze zu sagen haben!“.
ElbeWochenblatt 26.1.2011
Fritz Schenkel, Sternschanze
Spannend, interesssant, irgendwie anders. Vielen alt eingesessenen Bewohnern des Schanzenviertels schrillen diese häufig nur noch als Klischee gebrauchten Bezeichnungen für ihr Wohnquatier mittlerweile in den Ohren.
Nichts ändert daran, dass sie teilweise immern noch zutreffen. Trifft man dann einen Menschen, der all dies repräsentiert, wird es tatsächlich spannend. Martin Musiol ist so einer. Der Gymnasiallehrer hatte 25 Jahre im Schanzenviertel gelebt, ehe er 1998 mit Frau und zwei Söhnen, die im Viertel geboren worden waren, umzog. Ein Wechsel, der kontrastreicher kaum sein konnte: „Ein Haus am Waldesrand“, so Musiol über den Umzug in den Speckgürtel nach Pinneberg. „Eine andere Lebensform, die aber auch sehr reizvoll ist.“
Seit kurzem arbeitet Musiol wieder in seiner gefühlten Heimat, als Lehrer an der Schule Altonaer Straße. „Aus alter Verbundenheit“, sagt er, und es ist ihm anzuhören, dass er glücklich darüber ist. Er sei von der Rektorin Gisela Rathjens, die bereits vor langen Jahren in der Schule Ludwigstraße seine Chefin war, angesprochen worden. Nach der Schulreform hätten die Starterklassen die entsprechenden Lehrkräfte gebraucht, um dem gymnasialen Anspruch zu genügen. „ Und da habe ich mich versetzen lassen.“ Das deckt aber nur die Hälfte seines Berufslebens ab, die andere arbeitet der 62-Jährige bei Rebus, der „Regionalen Beratungs- und Unterstützungsstelle“, die sich um „problematische“ Jugendliche kümmert.
Aber des reicht dem Hobby-Historiker noch nicht. Ein Nachbar hat ihm über die Nachkriegszeit erzählt – so hat es angefangen. Seit Jahren sammelt er alles Gedruckte, was er über die Geschichte des Schanzenviertels in die Finger bekommt. „Diese Gegend war schon während der Kaiserzeit ein unruhiges Viertel“, so Musiol schmunzelnd.
Und nicht zu vergessen: Musiol malt auch noch. „Menschen in Extremsituationen“, sagt er selbst. So oder so ist das Schanzenviertel dafür eine Fundgrube gebleiben.
AusstellungNoch bis zum 25. Februar läuft im Cafe`larigo im Schulterblatt 63 Martin Musiols Fotoausstellung „Warum lügt ihr so? - Was uns die Wände in der Schanze zu sagen haben“. Es ist der Blick eines ehemaligen Bewohners, der sich zu einem „Besucher“ gewandelt hat, auf den Spuren, die die Geschichte in den vergangenen 30 Jahren in gesprühter Form auf die Häuserwänden im Schanzenviertel hinterlassen hat. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr. FS
Eimsbüttler Wochenblatt 17.Dez 1998
Jahrelang fühlte sich Martin Musiol im Schanzenviertel richtig wohl.. Runde 25 Jahre hat er hier verbracht – nun ist er mit seiner Familie auf´s Land in die Provinz gezogen. „Die Bilanz ging nicht mehr auf“, sagt der Schanzenaktivist. Martin Musiol hat Bücher und Broschüren über das Schanzenviertel geschrieben, die Stadtteilgeschichte erforscht, den BaSchu-Spielplatz mitangestoßen und mitgeholfen ihn zu realisieren, Kunstaktionen „“Susanne zeigt sich“) erfunden – er war ein „Bestandteil“ des Viertels. Warum nun der Rückzug aus dem quirligen Stadtteil? Martin Musiol hat nie ein Blatt vor den Mund genommen. So engagierte der Pädagoge sich dafür, dass Kinderspielplätze als Schutzraum angesehen werden sollten. „Keine Drogen, kein Dealen, keine Depots“ steht auf dem Schild beim BaSchu-Spielplatz. Um diesen Standpunkt zu betonen, gab es verschiedene Demonstrationen. Auf der letzten Demo – es war ein Laternenumzug mit Kindern im vergangenen Jahr – geschah es. Es kam zu Auseinandersetzungen mit Leuten, die die Dinge im Schanzenviertel anders sehen. „Es war ein Fehler, unter der Losung „Wir bauen eine Schanze gegen Dealer“ diesen Umzug zu starten, sagt Martin Musiol im kritischen Rückblick. Die Parole hört sich nach Ausgrenzung an – doch das war nicht die Intention der Initiative, die sich nicht als Ziel gesetzt hatten, jemanden aus dem Schanzenviertel zu vertreiben. Gleichwohl kam es auf dem Umzug zu Aktionen nicht nur gegen die Erwachsenen, sondern auch gegen die mitlaufenden Kinder. „Paßt auf eure Kinder auf!“ hatte es schon im Vorfeld gehießen. Für Martin Musiol war damit das Maß überschritten. „Das Gefühl der Toleranz, die Akzeptanz verschiedener Lebensstile, ist kaputtgegangen“, meint er. Sein persönlicher Standpunkt ist dabei klar: „Ich bin dagegen, das Recht auf Drogen zu propagieren. Wer Leute süchtig macht, ist ein Verbrecher!“ Sein Resümee: „Die Gemäßigten im Viertel haben sich zurückgezogen“, sagt Martin Musiol. Der „Bruch“ kam nach der Demo. Die Entscheidung kam bald danach: „Wir ziehen weg!“ Dabei liebt Martin Musiol das Viertel nach wie vor. So bleibt er Vorsitzender vom BasSchu-Verein. Sein Projekt, nach jüdischen Spuren im Schanzenviertel zu forschen, verfolgt er weiter. Für sein „Schanzenbuch“ sucht Martin Musiol noch Sponsoren. Und für das Frühjahr ist auf dem BaSchu-Spielplatz ein „Walspektakel“ geplant. Seine Hoffnung ist, dass sich die Lage im Schanzenviertel wieder bessert. „Man kann einem Viertel nicht alle Probleme aufbürden“, sagt er und plädiert dafür mehr Druckräume einzurichten. (pre)